Fachartikel

Spanische Immobilienkaufverträge und die Coronapandemie

In Anbetracht der neuen, durch die Pandemie entstandenen Lage gibt es in einigen Fällen mehr Wege zur Auflösung von Reservierungs- oder Kaufverträgen für Immobilien

In den letzten Monaten konnten wir beobachten, wie die Coronapandemie viele Aspekte unseres Lebens radikal und vor allem ohne Vorwarnung verändert hat. Von einem Tag auf den anderen waren wir Zeugen eines großen Wandels an unserer Arbeitsstelle, bei den familiären Beziehungen und unserer Lebensweise im Allgemeinen. Bevor Covid 19 in ihr Leben trat, haben viele Deutsche ihren Traum verwirklicht, der darin bestand, eine Immobilie in Spanien zu erwerben.

Vor dem Kauf einer Immobilie
In Spanien ist es üblich, einen Vor- oder Anzahlungsvertrag zu unterzeichnen, wenn man eine Immobilie kaufen möchte. In diesem Vorvertrag vereinbaren die Parteien, das Kaufgeschäft innerhalb einer bestimmten Frist notariell beurkunden zu lassen und legen den Kaufpreis fest. Durch Abschluss eines Vorvertrages bestätigt der Käufer seine Absicht, die Immobilie zu kaufen, indem er 10% des Kaufpreises an den Verkäufer zahlt. Durch die Annahme dieser Zahlung zeigt der Verkäufer seine Absicht, die Immobilie an den Käufer zu verkaufen. Der Rest des Kaufpreises wird bei Vertragsunterzeichnung vor dem Notar beglichen, wodurch der Besitz und das Eigentum an der genannten Immobilie übertragen werden.

Lässt der Käufer den Kaufvertrag nicht termingerecht notariell beurkunden, verliert er die Anzahlung; will der Verkäufer aus irgendeinem Grund doch nicht verkaufen, muss er dem Käufer die doppelte Anzahlungssumme entrichten.

Verträge und Rücktrittsmöglichkeiten
Mit dem Ausbruch der Coronapandemie wurde dieser Traum für einige Käufer zu einem Alptraum, da sie an Verträge gebunden waren, die sie jetzt nicht erfüllen können oder wollen, weil sich die Prioritäten geändert haben. In der Regel müssen Verträge, deren Erfüllung noch anhängig ist, nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) unter den vor Covid 19 vereinbarten Bedingungen erfüllt werden.


Es ist erforderlich, jeden spezifischen Fall zu analysieren und wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns in einer neuen Situation befinden, für die es noch keine eindeutigen Kriterien in der Rechtslehre und Rechtsprechung gibt.


Es liegt auf der Hand, dass nicht alle Verträge gleich sind, und in der Tat hat der spanische Oberste Gerichtshof entschieden, dass einige langfristige Verträge oder solche mit regelmäßigen Verpflichtungen (sukzessive Lieferung) auf Grundlage der „clausula rebus sic stantibus“ (Klausel der gleich bleibenden Umstände) revidiert werden können. „Rebus sic stantibus“ bedeutet wörtlich „solange es so weitergeht“. Anhand dieses Grundsatzes können Verträge und/oder Abkommen revidiert werden, wenn sich grundlegende Änderungen der Umstände ergeben, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der fraglichen Verpflichtungen bestanden. Eine weitere Voraussetzung ist, dass dieser Umstand unvorhersehbar und keiner Partei zurechenbar ist und das Gleichgewicht des Vertrages verletzt. Aufgrund aller durch diese globale Pandemie ausgelösten Ungleichgewichte stellt sich in vielen Fällen die Frage, ob die Rebus-Klausel eventuell greifen könnte. Denn wären in einer Situation wie der jetzigen Vertragsstrafen gerechtfertigt, durch die der Käufer seine Anzahlung verliert, falls er doch nicht kauft?

Hier könnte man das Eintreten Höherer Gewalt anführen, eine außergewöhnliche, unvorhersehbare und unvermeidbare Situation, die die Parteien daran hindert, den Immobilienkauf abzuschließen. Situationen, wie wir sie derzeit erleben, treten jedoch nur sehr selten auf, so dass es diesbezüglich nur sehr wenige Fallbeispiele gibt. Hier muss jeder einzelne Fall sorgfältig geprüft werden, um die besonderen Umstände zu beurteilen und genau zu analysieren, warum die Vereinbarung nicht eingehalten werden konnte. In diesem Sinne kann es im Interesse beider Parteien sein, die Vertragskonditionen zu überprüfen.

Schlussfolgerung
Meiner Ansicht nach erleben wir derzeit eine außergewöhnliche Situation. Wenn der Käufer, der vom Vertrag zurücktreten möchte, nachweisen kann, dass dieser Rücktritt durch die Coronapandemie und ihre Auswirkungen (plötzlicher, erheblicher Einkommensverlust, die Unmöglichkeit, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen) begründet ist, könnte er sich meines Erachtens auf Höhere Gewalt berufen. Dies würde bedeuten, dass er den Vertrag wegen einer nicht von ihm zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistungserfüllung kündigen und somit die Erstattung der Anzahlung verlangen kann.

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